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Bauprojekt großer Dimension

Generalsanierung der „Fränkischen Wieskirche“ Sankt Mauritius bedarf vielen Aufwands – Großes Engagement der Gemeindemitglieder – Vermeintliche „Gesetzestafeln des Moses“ in Wahrheit ein Wasserschaden

Wiesentheid (POW) Der Erhalt der Kirchengebäude vor Ort ist dem Bistum Würzburg wichtig. Das derzeit größte Projekt ist die Pfarrkirche von Wiesentheid. Auf insgesamt rund 4,7 Millionen Euro sind die Arbeiten veranschlagt. Knapp 1,6 Millionen Euro hat das Bistum bislang hierfür investiert, 2015 werden weitere Mittel fließen.

Als Pfarrer Peter Göttke im Juni 2010 in die Kirche kam, erkannte er bei einem Blick in Richtung Decke, dass Gefahr im Verzug war: Im Deckenfresko von Giovanni Francesco Marchini der Pfarrkirche Sankt Mauritius waren deutliche Anzeichen eines Eindringens von Regenwasser zu sehen. Besonders deutlich wurde das beim Abgleichen mit Fotos aus dem Vorjahr. Seither ist das barocke Kleinod, das mitunter als „Fränkische Wieskirche“ bezeichnet wird, eine Baustelle. „Die letzte komplette Sanierung war 1896. Wir gehen jetzt mit der Vorgabe daran, dass die jetzt durchgeführten Arbeiten ebenfalls für 100 Jahre Bestand haben sollten“, sagt Pfarrer Göttke. Außerdem legt er großen Wert auf maximale Kostentransparenz. „Das ist insbesondere seit Limburg extrem wichtig.“

Mit ihrem 58 Meter hohen Turm ist die Mauritiuskirche im knapp 5000 Einwohner zählenden Markt Wiesentheid schon von weitem ein beeindruckendes Gebäude. Graf Rudolf Franz Erwein von Schönborn, Bruder von Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn, ließ sie nach Plänen von Balthasar Neumann errichten. Außen erstrahlt das 1732 geweihte Gotteshaus bereits wieder in neuem Glanz. Auch im Inneren wird die Kirche seit 2013 generalsaniert, unter anderem die Seitenaltäre, die Kanzel und das Orgelgehäuse, die vom Wiesentheider Kunstschreiner Georg Neßtfell (1694-1762) gefertigt wurden. Rund 3000 Quadratmeter Fresko, knapp fünfmal die Fläche des Treppenhauses in der Würzburger Residenz, harren der Überarbeitung. Neben den Decken, deren Glanzlicht die Illusion einer gewaltigen Kuppel in der Mitte des Langhauses ist, sind auch die kompletten Wände in dieser Technik gestaltet. Die gewaltigen Pilaster zum Beispiel verraten dem Betrachter erst bei sehr genauem Hinsehen, dass sie gar keine echten Längsrillen haben. Diese sind ebenfalls eine vom Maler geschaffene geschickte Täuschung.

Als Göttke 2008 nach Wiesentheid kam, war eine umfangreiche Sanierung schon beschlossene Sache. Deswegen gab es auch 2009 Voruntersuchungen zum Zustand des Gebäudes. Nach dem Wasserschaden ging es dann Schlag auf Schlag: Denkmalschutzbehörde, Bistum Würzburg und der Markt Wiesentheid machten schnell erste Gelder frei, damit das lecke Dach repariert werden konnte. „Einige der Dachgauben waren so morsch, dass sie dem Dachdecker förmlich in der Hand zerbröselten“, schildert der Pfarrer. Die teilweise noch originalen handgemachten Biberschwanzziegel aus der Barockzeit wurden durch Schieferplatten ersetzt. „Wir haben im Jahr 2010 einen Förderkreis gegründet, der sich unter dem Dach der Kirchenverwaltung für die Finanzierung des Großprojekts einsetzt“, sagt Kirchenpfleger Paul Schug. So wurden zum Beispiel zahlreiche Tonziegel mit dem Konterfei des heiligen Mauritius versehen und verkauft. Insgesamt rund 400.000 Euro an Geld- und Sachleistungen wurden bislang mit dieser und weiteren Aktionen generiert, unter anderem mit Glühwein- und Kaffeeverkauf. „Den Wiesentheidern liegt viel an ihrer Kirche. Deswegen werden wir auch dauernd gefragt, wann die Arbeiten denn endlich vorüber sind“, sagt Schug. Seit April 2013 ist das 150 Meter entfernt gelegene Pfarrheim zur Behelfskirche umfunktioniert.

Wenn helfende Hände auf der Baustelle gefragt sind, ist auf die Gemeinde Verlass: Als die Kirchenbänke für die Bodensanierung nach Greuth geschafft werden mussten, waren 50 Helfer samt Fahrzeugen zur Stelle. 40 Zentimeter tief wurde der Boden unter den vom Zahn der Zeit zersetzten Steinplatten ausgegraben und durch Liaporkügelchen ersetzt. So wird die Feuchtigkeit im Boden gebunden und die Salze flocken aus, ehe sie die Sandsteinplatten erreichen und schädigen können. An den Außenmauern dient eine 80 Zentimeter tiefe Schotterpackung ebenfalls dem Zweck, möglichst viel Wasser vom Mauerwerk abzuleiten. „Ein komplettes Trockenlegen des Baugrunds hätte unvorhersehbare Folgen für die Stabilität des gesamten Gebäudes“, erläutert der Pfarrer.

Im Boden wurden sämtliche Technikanschlüsse unsichtbar verlegt. Dank großzügiger Kabelkanäle ist auch für zukünftige Erweiterungen noch Raum. Die Lichter werden zukünftig nicht mehr von der Decke herabhängen, sondern werden an frei stehenden Metallpfeilern aufgehängt, um Statik und Optik des Bauwerks nicht zu belasten. Knifflig war nach den Worten des Pfarrers auch die Reparatur der zwei Holzsäulen, welche die Empore tragen. Äußerlich einwandfrei, zeigte sich bei einer Probebohrung, dass die unteren Enden jeweils massiv von Kernfäule zersetzt waren. In einem Spezialverfahren musste die Empore zwei Millimeter angehoben, die schadhaften Stücke ausgesägt und durch farblich angepassten Stein ersetzt werden. „Vorher und nachher wurde das Fresko unter der Empore untersucht und fotografisch dokumentiert. Die Risse, die zu sehen sind, waren schon vorher vorhanden.“

Ein Gerüst ist im Chorraum der Kirche bis zur Decke hinauf gebaut. Helle Streifen auf den Fresken geben Zeugnis von den Voruntersuchungen unter den wachsamen Augen des Landesamts für Denkmalpflege. Unterschiedlich farbige Klebepunkte verweisen auf die jeweils angewandte Säuberungstechnik: Wasserdampf, schonende Spezialflüssigkeit oder eine Art knetbare Reinigungsmasse. Zum Teil bis zu fünf Millimeter dick ist die Schicht aus Staub und Ruß, die auf der Oberfläche hängt. Architekt Georg Böswald-von Brunn kümmert sich im Zusammenspiel mit Denkmalamt und Bischöflichem Bauamt um die Ausschreibung bei den geeigneten Fachbetrieben. Derzeit bildet sich in der Pfarrei zudem eine Gruppe, die theologisch versierte Führungen mit verschiedenen Schwerpunkten vorbereiten soll. Damit soll gewährleistet werden, dass das renovierte Gotteshaus nicht zu einem reinen Museum verwandelt wird.

Ehe im Langhaus die Arbeiten am Fresko beginnen können, muss ein Schutz- und Arbeitsgerüst eingezogen werden. „Qualität geht vor Schnelligkeit“, betont der Pfarrer. Schließlich gelte es, Schnellschüsse und damit verbundene unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Dennoch werden die Fremdenführer in einem Punkt in jedem Fall umlernen müssen: Die „Gesetzestafeln des Moses“, von denen sie beim Christusfresko über dem Altarraum gerne erzählten, haben sich bei der Überprüfung durch die Restauratoren inzwischen als älterer Wasserschaden entpuppt.

mh (POW)

(0715/0136; E-Mail voraus)

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